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Freiraum im alten AKH in Wien. Besetzt. Belebt. Geräumt.  



Ein erster Bericht.

Am Samstag, dem 10. Juni, kurz vor 23:30, ging die Besetzung los. Rund 120 Leute hatten sich im AAKH getroffen, um ein Areal beim so genannten "Narrenturm", einem mittelalterlichen Gefängnis, im 9. Bezirk in Wien zu besetzen.

Das denkmalgeschützte Gebäude, dass nun zu einem Freiraum umfunktioniert wurde, dürfte der Universität Wien gehören und aus Kostengründen schon jahrelang nicht instand gehalten worden sein.

In den letzten Tagen und Wochen schon in der Nähe untergebrachte Utensilien, Getränke und Matratzen wurden nun in das Areal hinter dem Narrenturm gebracht, wo sofort mit dem Aufbau der mitbebrachten Sachen begonnen wurde. Gegen 00:30 wurde dann begonnen das Eingangstor zum Areal zu verbarrikadieren, das von nun an nur noch über Leitern zu betreten war.

Kurz später wurde auch ein erstes Plenum einberufen, recht chaotisch verlief. Zu diesem Zeitpunkt dürften sich immer noch rund 70 entschlossene BesetzerInnen im Areal befunden haben.

Obwohl zweimal ein Nachtportier von einem benachbarten Grundstück gekommen war, um zu sehen, was denn da vor sich ginge, ließ sich die Polizei - für alle etwas überraschend - die weitere Nacht hindurch nicht ein einziges mal blicken. Erst am Sonntag gegen 10:20 Uhr wurde der neu geschaffene Freiraum von zwei Wachebeamten "entdeckt".

Für heute, Sonntag, ist übrigens geplant den Freiraum mit einer Party einzuweihen. Ab 20.00 Uhr wird es daher einen Freiraum Test mit DJ-Line geben. Mitmachen und hinkommen ist sowieso immer erwünscht.


Presseaussendung

Samstag 10. Juli 2004
Universitäten/Bildungspolitik/Universität Wien/Protest.

Uni Wien: Studierende und nicht Studierende nehmen sich Freiräume.
Utl.: Belebung eines leerstehenden Gebäudes im alten AKH.

Wien  Heute, Samstag, 10. Juli 2004 um 23.23, zogen wir, eine Gruppe von etwa 100 Menschen, spontan in das seit langem leerstehende, alte Gebäude hinter dem Narrenturm im alten AKH ein.

Wir wollen in diesem Gebäude einen Freiraum schaffen, der nicht dem wirtschaftlichen Verwertungszwang unterliegt, in dem wir mit Formen des Zusammenlebens jenseits von Markt und Herrschaft experimentieren können. In diesem Raum sollen verschiedene Projekte, wie ein Cafe mit offener Küche, Theater und Kino sowie Konzerte und Diskussionskreise auch ohne das "nötige Kleingeld" stattfinden können.

"Wir erachten diesen Schritt als notwendig, nachdem die Facultasbesetzung gescheitert ist und da ältere Projekte, wie das WUK oder die Arena keinen solchen Freiraum mehr bieten und selbst bereits den Weg der Kommerzialisierung beschritten haben." sagt Emma G. von der Gruppe Freiraum, Emma G. weiter: "Wir laden alle Menschen ein, vorbeizukommen und sich gemeinsam mit uns ihren eigenen Freiraum zu schaffen!"

Rückfragehinweis:
Gruppe Freiraum, Tel.: 0699-10 24 58 46
freiraum@wildmail.com
www.freiraum.at.tt


Zusammenfassender Bericht:

Schafft ein, zwei, viele Freiräume.
Heute ist nicht alle Tage.



In Folge des Scheitern der Besetzung der Meldemannstraße und des Gebäudes der ehemaligen Facultas-Buchhandlung wurde vergangenes Wochenende ein erneuter Versuch unternommen Freiräume zu schaffen. Am Samstag, den 10. Juli besetzen rund 120 Menschen ein Gelände am Campus der Uni Wien (Altes AKH).

regina regenbogen.

Der Unicampus ist  stark von Kommerzialisierung geprägt. Es finden sich dort ausschließlich überteuerte Bierlokale und ein Supermarkt. Orte an denen sich Studierende ohne Konsumzwang aufhalten können, gibt es nicht. Die Forderung nach solchen Orten war daher Ausgangspunkt für die Besetzung. Geplant war unter anderem ein nichtkommerzielles Cafe, Veranstaltungsräume, Räumlichkeiten für eine kritische Universität und eine selbstverwaltete Kindergruppe zu schaffen.

Darüber hinaus mangelt es in Wien sowieso an selbstverwalteten Räumen. Kritisiert wurden in diesem Zusammenhang speziell das WUK und die Arena, die als ehemalige besetzte Zentren keinen Freiraum mehr bieten, da sie im Zuge ihrer Professionalisierung immer kommerzieller geworden sind.

Das besetzte Gelände befand sich im Hof 13 anschließend an den „Narrenturm“, eine ehemalige psychiatrische Anstalt aus dem 18. Jahrhundert, und besteht aus einem zweigeschossigen Hauptgebäude, mehreren Nebenbauten und einem Hof, umgeben von einer Mauer. Die Gebäude sind denkmalgeschützt und wurden von der Universitätsleitung offensichtlich seit Jahren nicht betreut.

Am Samstagabend fand am Unicampus eine "raumFESTnahme" statt, die gegen 22.30 Uhr in das zu besetzende Gelände verlegt wurde. Die Polizei war zwar auch im Alten AKH, wartete allerdings vergeblich vor dem falschen Gebäude auf die BesetzerInnen. Begleitet wurde die Besetzung auch am folgenden Tag von einer Squat-Party am Gelände mit 200 BesucherInnen. Veranstaltungen bis Ende der Woche waren bereits geplant. Eine Ausstellung wurde eröffnet und täglich VoKü gekocht.

Die BesetzerInnen stellten eine sehr heterogene Gruppe dar. Die Stimmung war positiv, wenn auch manchmal chaotisch und von der Eigeninitiative der Anwesenden geprägt, die mit Enthusiasmus mit der Renovierung des desolaten Gelände begannen.

Wider erwarten tauchte die Polizei erst am Vormittag des ersten Tages (11. Juli 2004) auf und verabschiedete sich nach kurzer Zeit wieder. Auch von Seiten des privaten Wachpersonals war das Interesse gering. Am Montagvormittag (12. Juli 2004) fanden erste Gespräche zwischen den BesetzerInnen und den Behörden statt. Diese drehten sich in erster Linie um eine seitens der Behörden befürchteten Baufälligkeit und einer möglichen Gefahr, die dadurch für die Anwesenden entstünde. Im Vorfeld der Besetzung war die Gebäude jedoch schon von Bausachverständigen auf ihre Statik und Bausubstanz überprüft worden, weshalb den Behörden der Zutritt verwehrt wurde.

Zwischenzeitlich beschloss Vizerektor Jurenitsch, ein selbsternannter „Alt68er“, ohne Verhandlungen mit den BesetzerInnen die Räumung. Gegen 19.00 Uhr wurde der Räumungsbefehl zugestellt. Ca. 30 AktivistInnen entschieden sich passiven Widerstand zu leisten und sich notfalls aus dem Gelände tragen zu lassen. Die Polizei brach das Tor auf und drang mit Schildern und Knüppeln bewaffnet in das Gelände ein. Probleme bereiteten ihnen dabei ein vor dem Tor abgestellter Müllcontainer. Die AktivistInnen hatten sich mittlerweile in Ketten auf den Boden gesetzt. Die PolizistInnen prügelten und würgten die Sitzenden. Alle Anwesenden wurden in Folge einzeln herausgezerrt, getragen, geschleift und zur Angabe ihrer Personalien gezwungen.

An die Räumung anschließend fand eine spontane Solidaritätskundgebung vor der Nationalbank, am anderen Ende des Unicampus, statt. Gegen 21.00 Uhr setze sich die Solidemo mit ca. 60 TeilnehmerInnen in Richtung WUK in Bewegung. Begleitet wurden sie von einem überdimensionierten Polizeiaufgebot. Die Stimmung der Demo war aufgrund des Eindrucks der vorangegangen Ereignisse ambivalent.

Unkraut vergeht nicht!



Noch ein Bericht.

(zugesandt)

Montag, 12. Juli 2004, um ca. 19 Uhr wurde das besetzte Areal im Alten AKH von der Polizei (WEGA) geräumt. Im Anschluss daran kam es zu einer spontanen Demonstration durch den 9. Bezirk an der sich rund 90 Menschen beteiligten.


Nach drei Tagen der Besetzung und der Aktivitäten wurde das besetzte Areal hinter dem Narrenturm im alten AKH von der Polizei geräumt. Die AktivistInnen wollten einen Raum schaffen, der nicht dem wirtschaftlichen Verwertungszwang unterliegt. Der Uni-Verwaltung war das allerdings nicht genehm - lieber setzt mensch kommerzielle Bierabfüllstationen in den Campus.

Was vor der Räumung geschah.

Die Universität Wien streute bereits das ganze Wochenende Gerüchte in den Medien, wonach "Baupolizeiliche und sicherheitstechnische Bedenken" in einem der Gebäude gegen die Besetzung sprechen. Die Räumung sei aufgrund der großen Gefährdung der Personen und "zum Schutz" derselben wegen der Baufälligkeit notwendig - soweit die vorgeschobenen Argumente für der Universität.

Tatsache ist jedoch, das die Räumlichkeiten vor der Besetzung von ExpertInnen begutachtet wurden und dabei keine Einsturzgefahr ausgemacht wurde. Im Gegenteil: Die Bausubstanz ist gut, die nötigen Renovierungsarbeiten konnten ohne Risiko gleich nach der Besetzung angegangen werden.

Während der drei Tage andauernden Besetzung konnten bereits viele Vorhaben in die Tat umgesetzt werden. In dem praktisch nicht nutzbaren Gebäude-Komplex wurde innerhalb weniger Stunden eine Gratis-Volxküche, ein Schlafraum und eine Kunst-Gallerie eingerichtet. Draußen entstand eine kleine Bühne, auf der am Sonntag Abend bereits mehrere Bands und KünstlerInnen auftraten. Durch ein großes zu einem Zelt umfunktionierten Segel, das zwischen mehreren Bäumengespannten wurde, wären die ZuschauerInnen auch bei Regen im trockenen gestanden. Ein umfangreiches Programm aus Podiumsdiskussionen, Konzerten, Lesungen und Performances war bereits bis Freitag organisiert und bestätigte die Notwendigkeit eines Freiraums in der Universität.

Bereits wenige Stunden nach der Besetzung gab es Strom und eine funktionierende Toilette. Zuvor sei nach der Aussage eines Besetzers nicht nur das Klo, sondern auch der kleine Innenhof wo sich selbiges befindet "nicht betretbar" gewesen.

In einer Grundsatz Arbeitsgruppe wurden wenige Stunden vor der Räumung längerfristige Optionen für das Projekt wie z.B. ein Frauenraum angedacht. Das es den wohl nicht so schnell geben wird, zeichnete sich am Montag gegen 18:15 Uhr ab, als Beamte der Wiener Alarmabteilung (WEGA) in Kampfmontur vor dem besetzten Areal aufzogen.

Die Räumung.

Nachdem sich die verantwortlichen der Wiener Universität weigerten in ernsthafte Verhandlungen mit den BesetzerInnen (bei denen es sich bei ca. 2/3 um StudentInnen handelte!!!) einzusteigen, wurde sogar noch eine gewalttätige Räumung von Uni-Verantwortlichen schriftlich gutgeheißen. Ab 18.00 Uhr zog die Polizei verstärkt Kräfte im alten AKH zusammen. Menschen die sich gerade auf dem Weg zur Besetzung befanden wurden von der Polizei bedroht und eingeschüchtert.

WEGA-Beamte mit Helmen und Schlagstöcken brachen um ca. 19 Uhr ein Tor zum besetzten Areal gewaltsam auf und zerstörten zudem ein Fenster des benachbarten Narrenturms. Die AktivistInnen versuchten zunächst noch das Eindringen der Polizeikräfte durch das Bilden von Ketten und passiven Widerstand zu verhindern. Als das aufgrund des rabiaten Vorgehens der WEGA nicht mehr möglich war setzten sich die rund 40 verbliebenen BesetzerInnen auf den Boden und forderten die Polizei auf diesen Einsatz sofort zu beenden.

Miese Psychotricks Marke "Polizeilehrbuch" und der Spaß der BeamtInnen an der Gewalt, machten die Räumung zu einem sehr unschönen Erlebnis. Einige AktivistInnen wurden über am Boden aus dem Areal geschliffen, andere wurden beschimpft und bedroht. Rund 50 solidarische Menschen die sich vor dem Areal einfanden, wurden von der Polizei sukzessive zurückgedrängt.

Damit es möglichst keine Zeugen für den brutalen Polizeieinsatz gibt, wurde (so die Auskunft eines Beamten) ein Platzverbot im Bereich des alten AKH verhängt. Ein Fernsehjournalist, der die Räumung zunächst unentdeckt von einem Baum aus mit filmen konnte, wurde von der Polizei am filmen gehindert und ebenfalls perlustriert.

Während der gesamten Räumung befanden sich Kinder auf dem Areal, was weder die Verantwortlichen der Uni Wien (die Einsatz jederzeit hätten stoppen können) noch die Polizei zum einlenken brachte. Die Personalien aller sich noch auf dem Gelände befindlichen Personen wurden aufgenommen.

Spontan-Demo.

Ab 20:30 Uhr sammelten sich rund 90 Menschen vor der Nationalbank um gegen die Räumung des Geländes sowie das verantwortungslose Verhalten der Universitäts-Verhandler während der Räumung zu demonstrieren. Der Kampf um einen Freiraum in Wien soll weiter gehen.

Demoroute: Nationalbibliothek (Losziehen: ca. 21.00 Uhr) - Alserstraße (Einzelzählung: 90 TeilnehmerInnen) - Spitalgasse (ab hier mit Polizeibegleitung) - Kreuzung Währinger Straße/Spittalgasse (kurze Zwischenkundgebung: 21:40 Uhr) - Währinger Straße.






 

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